Ein zweiter Blick auf das Thema Führungskarriere vs. Fachkarriere
In den letzten Jahrzehnten kam es durch die steigende Marktdichte in den meisten Branchen zu einem starken Anstieg der Entwicklungsdynamik. Diese Entwicklungen brachten Ansätze und Trends hervor, hin zu flacheren Strukturen, die näher am Marktgeschehen agieren und so schneller auf Veränderungen reagieren können. Es ergibt sich daraus eine gewisse Verminderung der Möglichkeiten klassischer Karrierepfade beim alleinigen Fokus auf Führungspositionen. Dem gegenüber steht aber ein sich immer stärker entwickelnder und notwendiger Fokus auf das Wissen in Organisationen und in beiden Fällen könnte die Etablierung von Fachkarrieren einen wichtigen Beitrag liefern.
Um einen Wandel hin zu einer Gleichwertigkeit mit der Führungskarriere zu erreichen und sich sichtbar in der Organisation zu verankern, möchte ich mögliche Lösungsansätze vorstellen, die Organisationen dabei helfen könnten.
> Internes Employer Branding:
Ausgangspunkt für die Positionierung der Fachkarriere kann die ausführliche Darstellung und Kommunikation der Unternehmensstrategie sein. Um die Fachkarriere zu einem erstrebenswerten Karrierepfad zu machen, braucht es meiner Meinung nach einen klaren Fokus auf jenen Beitrag, den die fachliche Expertise eines jeden Bereichs am Unternehmenserfolg hat. Nach der Ausarbeitung einer abteilungsspezifischen Funktionalstrategie kann diese, zum Beispiel in einer Wertschöpfungskette, dargestellt werden, aus der ersichtlich wird, wie die einzelnen Beiträge der Abteilungen bei der Erreichung des Unternehmensziels zusammenarbeiten.
> Interne Positionierung (Kulturentwicklung)
Ein entscheidender Punkt in diesem Prozess ist meiner Einschätzung nach, die Entwicklung einer Unternehmenskultur, in der das Thema Fachkarriere ganzheitlich akzeptiert und besonders auch auf der „Hinterbühne“ einer Organisation unterstützend verankert wird.
Je nach Reifegrad der Organisation ist hier der Umfang und die Dauer für die nachhaltige Veränderung sehr unterschiedlich, da Kultur per se nicht direkt nach Plan verändert werden kann. Es braucht hier iterative Initiativen auf unterschiedlichen Ebenen, um das veränderte Verhalten sichtbar zu machen. Hier kann ein Hebel auch die Hervorhebung erreichter positiver Erfolgsbeispiele sein.
Einer Frage, die man sich dabei als Unternehmen stellen sollte: Welche Werte verbindet man mit, beziehungsweise welche Anforderungen stellt man an die hierarchische Führung? Eindeutige, transparente und gelebte Führungsleitlinien können hierzu einen zentralen Beitrag liefern. Im Weiteren ist es dann wichtig, dass diese bei der Besetzung der Positionen auch berücksichtigt werden. Der Unterschied zur Fachkarriere kann damit auch klar hervorgehoben werden. Zur Verdeutlichung der Wertigkeit von Positionen innerhalb der Fachkarriere kann auch Bezug genommen werden auf die volatilen Marktveränderungen und die immer höhere Relevanz von Fachwissen, um mit deren Hilfe als Unternehmen erfolgreich zu bleiben.
> Interner Weiterbildungs- und Karriereprozess:
Der Weg der Führungskarriere braucht grundsätzlich keine ausführliche Erklärung sie war und ist in den meisten Fällen durch das Organigramm und der formalen Dokumentation ausreichend beschrieben. Man findet sie auch in den unterschiedlichsten Firmen, Großteils in ähnlicher Form. Wenn nun die Fachkarriere hier auf Augenhöhe etabliert werden soll, dann bedarf es einer gleichwertigen, transparenten und ausführlichen Dokumentation.
Auf Basis der Kulturentwicklung im Unternehmen und den abteilungsspezifischen Funktionalstrategien kann nun ein Werte-, Anforderungs- und Zielmodell erstellt werden für die unterschiedlichen Positionen (Führungs- wie auch Fachkarriere). In dieses Modell können dann auch neue Methoden, wie zum Beispiel „Agiles Arbeiten“ einfließen, denn auch daraus ergeben sich zusätzliche neue Möglichkeiten für fachbezogene Karrierepfade. Daraus ergibt sich dann auch direkt ein wichtiger Baustein bei der Entwicklung und Durchführung von Weiterbildungskonzepten zur Qualifizierung der Mitarbeitenden (u.a. Kompetenzmanagement).
> Externes Employer Branding
Die beschriebenen Veränderungen können auch gezielt im externen Employer Branding genutzt werden. Gerade die Frage nach der Unternehmenskultur und dem Beitrag des Unternehmens zu übergeordneten Zielen (z.B.: Nachhaltigkeit, Gemeinwohl Ökonomie, …) werden immer wichtiger. Es kann hier einerseits, mit der erarbeiteten Funktionalstrategie einer jeden Abteilung ein individuelles Branding für den Bereich erstellt werden, welches dann in Stellenausschreibungen deren Beitrag zum Unternehmensziel hervorhebt. Dem*Der Bewerber*in kann damit aufgezeigt werden, welchen Beitrag diese Position liefert.
Auf der anderen Seite kann eine erreichte kulturelle Veränderung und die daraus entstandenen positiven Beispiele bei der Umsetzung der Fachkarriere öffentlich gemacht werden.
> Zusammenfassung
Diese angeführten Lösungsansätze zeigen nur einige wenige Spotlights auf, mit denen im Unternehmen beim Thema Etablierung der Fachkarriere angesetzt werden kann. Es zeigt auch, dass die unterschiedlichen Ansatzpunkte gut zu einer ganzheitlichen Initiative zusammengesetzt werden können.
Auf die dabei wichtige Unternehmenskultur lässt sich gestaltend einwirken. Dies ist jedoch ein komplexer, langfristiger Prozess, der an vielen unterschiedlichen Stellen ansetzt. Einige dieser möglichen Stellen wurden in diesem Beitrag kurz beleuchtet. Der daraus entstehende Aufwand ist nicht zu unterschätzen und je nach Ausgangspunkt ein langwieriger Veränderungsprozess. Die Vorteile, die an vielen Stellen damit generiert werden können, sind aber umfangreich. Die Veränderungen der Organisationen, hin zu immer flacheren Hierarchien, bei gleichzeitig immer höherem Anspruch der neuen Generationen nach Entwicklungsmöglichkeiten, rücken das Thema Fachkarriere immer stärker in den Fokus. Im Wettlauf um die innovativsten Mitarbeiter*innen, um mit ihnen gemeinsam die gesteckten Unternehmensziele erreichen zu können, kann das Thema der Etablierung von Fachkarrieren einen unterstützenden Beitrag leisten. Der Wandel hin zu einer Wissensgesellschaft und nun auch beschleunigt durch das Thema KI, erhöht zusätzlich die Wichtigkeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, um auf den immer anspruchsvolleren Märkten bestehen zu können.
Ich würde mich freuen Sie und Ihr Unternehmen in diesem oder auch anderen Fragestellungen zu begleiten.
Ing. René Vormündl – TheSecondView – Organisationsberatung
Mail: RV@thesecondview.at