Der Gesundheitsberuf fürs wirtschaftliche Überleben: Die Buchhaltungs- und Personalverrechnungsbranche
Welche Lebens- und Arbeitsbereiche in welcher Intensität von den verschiedenen Einschränkungen betroffen sind, hängt von der individuellen Situation, aber auch von der Branche ab in der man arbeitet. Viele Branchen sind phasenweise komplett zum Erliegen gekommen, wobei andere wiederum – wie beispielsweise der Buchhaltungs- und Personalverrechnungsbereich – eine signifikant höhere Arbeitsbelastung haben als zuvor. Um ein Stimmungsbild dieser Branche zu vermitteln, haben sich unser Berufsgruppensprecher Markus Lemmerer und der selbständige Bilanzbuchhalter Bernhard Wlasaty zum Gespräch getroffen.
Markus Lemmerer: Wie hat sich der Arbeitsalltag und Ihr Arbeitspensum als Bilanzbuchhalter durch die Corona-Krise verändert?
Bernhard Wlasaty: Wir waren schon vor der Corona-Krise mit unserer Arbeit gut ausgelastet. Die neue Situation und die damit verbundenen gesetzlichen Verordnungen beeinflussen das wirtschaftliche und persönliche Leben unserer KundInnen teilweise massiv. Für unsere Branche ergeben sich daraus zusätzliche Belastungen und Herausforderungen, die viele von uns an die Grenzen des Machbaren bringen.
Die dynamische und unvorhersehbare Entwicklung der Situation führt zu ständig neuen Informationen, die in der täglichen Arbeit zu berücksichtigen sind – das bedeutet enormen Mehraufwand.
Lemmerer: Welche speziellen Themenbereiche betreffen gerade Sie besonders?
Bernhard Wlasaty: Im Bereich der Personalverrechnung ist mit dem neuerlichen Lockdown und der damit verbundenen neuen Kurzarbeitsphase eine weitere Welle an zusätzlicher Arbeitsbelastung über uns hereingebrochen. Gleichzeitig ist aufgrund der sehr hohen Infektionszahlen auch die Anzahl der Quarantänebescheide und der damit verbundenen Entgeltvergütungsanträge massiv angestiegen. Unser (Termin-)Druck ist extrem hoch!
Lemmerer: Welche Rolle nimmt unsere Branche, aus Ihrer Sicht, in diesen Zeiten ein?
Bernhard Wlasaty: Das, was das Spitalswesen und der Pflegebereich unbestritten für das physische und psychische (im wahrsten Sinn des Wortes) Überleben leisten, leisten wir in materieller Hinsicht. Wir sind der „Gesundheitsberuf“ für das wirtschaftliche Überleben unserer KlientInnen.
Lemmerer: Welche Herausforderungen empfinden Sie als besonders belastend?
Bernhard Wlasaty: Wir spüren die große Verunsicherung bzw. auch Verzweiflung unserer KundInnen. Und darüber hinaus erfährt man – vor allem im Rahmen der Personalverrechnung – von Krankheitsverläufen bis hin zu Todesfällen, auch das menschliche Leid, das dieses Virus verursacht.
Man hat schon mal schlaflose Nächte, weil einem die KundInnen sehr am Herzen liegen, aber wir teilweise nicht wissen, wie wir den Arbeitsaufwand bestmöglich bewältigen sollen.
Lemmerer: Gab es Dinge, die Ihren Berufsalltag in der Corona-Krise erleichtert haben?
Bernhard Wlasaty: Von verschiedenen Seiten gab es zielgerichtete Online-Seminare, die uns großartige Unterstützung geboten haben. Auch die Wirtschaftskammer Oberösterreich hat einen wertvollen Beitrag geleistet und uns mit nahezu täglichen Newslettern versorgt sowie Hilfestellungen und Informationen auch telefonisch angeboten. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken!
Lemmerer: Was wünschen Sie sich für Ihre Branche in Zukunft?
Bernhard Wlasaty: So, wie auch AMS, Verwaltungsbehörden und Finanzämter derzeit im „Ausnahmezustand“ sind und dementsprechend Verfahrensabläufe vielfach „so lange brauchen, wie sie eben brauchen“, wünsche ich mir das auch für unseren Bereich. Wir brauchen angemessene und praxisgerechte Fristen und Termine! Es benötigt dringend faktenbasierte Lösungen, die uns gemeinsam aus dieser Krise bringen.
Abschließend möchte ich allen danken, die zur Bewältigung dieser Krise durch ihr aktives Handeln beitragen – und nicht durch Verweigern blockieren!
Bernhard Wlasaty
Selbständiger Bilanzbuchhalter Wlasaty KG
Markus Lemmerer, MBA
Berufsgruppensprecher der Rechnungswesenberufe der WKOÖ
