„Digitale Grundbildung“ nicht genug
Die digitale Bildung in Österreich ist ein buntes Mosaik aus unterschiedlichen Disziplinen, die wenig mit tatsächlicher Informatik zu tun haben
Auf die vom Bildungsministerium vorgeschlagenen Lehrpläne für das neue Pflichtfach „Digitale Grundbildung“, das ab Herbst 2022 in der Mittelschule und der AHS Unterstufe unterrichtet werden soll, reagiert Markus Roth, Obmann der Fachgruppe Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT (UBIT) der Wirtschaftskammer OÖ mit großer Verwunderung: „Seit Jahren fordern wir eine tiefgehende und praxisorientierte Informatik-Bildung in der Schule. Leider hat der Vorschlag des Bildungsministeriums jedoch mehr mit der Vermittlung von Medienkompetenzen als mit echten Informatikkompetenzen zu tun, die von den Unternehmen dringend benötigt werden“.
Grundsätzlich ist die Vermittlung von Medienkompetenz wichtig. Aber:
Um unsere Kinder vor Cybermobbing oder Fake News zu schützen, benötigen wir kein eigenes Schulfach. Diese Fähigkeiten können auch passend in bestehenden Fächern mitvermittelt werden. Informatik ist der Grundstein für die Digitalisierung und damit für unseren nachhaltigen Wohlstand. Wenn wir international nicht den Anschluss verlieren möchten, brauchen wir dringend junge Mädchen und Burschen mit Informatik-Skills. Sie sind das Fundament für die aktive Mitgestaltung der digitalen Transformation
Im aktuellen Begutachtungsentwurf des Bildungsministeriums zum geplanten neuen Pflichtfach „Digitale Grundbildung“ bilden neben Informatik vor allem Medienkompetenzen zentrale Schwerpunkte. All diese Bereiche teilen sich das vorgesehene Unterrichtsausmaß von einer Stunde pro Woche.
Roth: „Es ist höchste Zeit, international erfolgreiche Wege einzuschlagen und den 10- bis 14-Jährigen eine fundierte Informatik-Grundbildung zu ermöglichen. Diese kann nur vermittelt werden, in dem auch fachlich ausgebildete Informatik-Lehrkräfte zum Einsatz kommen. Wir müssen verhindern, dass diese eine Schulstunde mit zu unterschiedlichen Inhalten überladen und verwässert wird. Deshalb sollten Kompetenzen für die reine Anwendung digitaler Medien im Rahmen bereits bestehender Unterrichtsfächer vermittelt werden und sich das neue Pflichtfach auf Informatik fokussieren“.
IT-Bildung als Treiber des IT-Fachkräftemangels
Aktuell fehlen in Österreich rund 24.000 IT-Fachkräfte, woraus für Österreichs Wirtschaft ein jährlicher Wertschöpfungsverlust von rund 3,8 Milliarden Euro folgt. Ein wesentlicher Ursprung ist die Ausbildung von IT-Fachkräften. An Österreichs Fachhochschulen und Universitäten, an denen IT- und IKT-Studienrichtungen unterrichtet werden, herrschen weiterhin hohe Dropout-Quoten – zu viele Studierenden brechen ihr Studium vorzeitig ab. Besonders jene, die ein Bachelor-Studium abbrechen, sind für die IT-Branche in den meisten Fällen für immer verloren.
Die IT-Bildung muss grundlegend reformiert werden. Dass sie erst an den Hochschulen beginnt, ist zu wenig. Jedoch kann bei der aktuellen Ausgestaltung des Schulfachs ‚Digitale Grundbildung‘ nicht von einer effektiven Informatik-Bildung gesprochen werden.
Der aktuelle Status quo der IT-Ausbildung, und wie diese mit dem IT-Fachkräftemangel zusammenhängt, ist nachzulesen im IKT Statusreport.
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