Wie Sie die Herzen von SoftwareentwicklerInnen gewinnen
Verstärkter IT-Fachkräftemangel
Viele UnternehmerInnen mussten ihre Arbeits- und Geschäftsprozesse rasch digitalisieren, um in Zeiten von Home-Office, Videokonferenzen und boomender Webshops den Geschäftsalltag am Leben erhalten zu können.
Um digitale Strukturen auf- und auszubauen, braucht es SpezialistInnen in den Bereichen Software-Engineering, Web-Development und IT-Security – doch genau davon gibt es zu wenige!
„Ich kenne keinen Betrieb, der nicht IT-MitarbeiterInnen sucht", sagt Markus Roth, Obmann der Fachgruppe Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT der WKO OÖ. in Österreich gibt es 24.000 offene IT-Stellen, davon allein 7.200 in Oberösterreich.
Reverse Recruiting
Betriebe buhlen um Manpower und Expertise! Um trotz der angespannten Situation am Arbeitsmarkt qualifizierte IT-Talente zu finden, gehen Arbeitgeber häufig in die Offensive. Denn: Abwarten und die KandidatInnen kommen lassen, funktioniert nicht mehr. Ein Trend, der sich abzeichnet, ist das Reverse Recruiting. Hier bewerben sich Unternehmen bei den potenziellen MitarbeiterInnen – nicht umgekehrt.
Heute wählen Arbeitnehmer gezielt aus, welchem Betrieb sie ihr Know-how zur Verfügung stellen.
Employer Branding
Die aktive Auseinandersetzung mit dem Thema Arbeitgebermarke wird in Zukunft großen Einfluss auf das Recruiting und die Mitarbeiterbindung in Unternehmen haben.
- Was ist nötig, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein?
- Was brauchen MitarbeiterInnen, um sich wohlzufühlen und sich optimal entwickeln zu können?
Aufschlussreiche Antworten liefert eine Erhebung der Firma epunkt – deren Ergebnisse der direkten Befragung von SoftwareentwickerInnen haben wir nachstehend für Sie zusammengefasst:
Die 5 größten Learnings, um sich SoftwareentwicklerInnen zu angeln
1) Stellenanzeigen optimieren
Die Stellenanzeige soll als erster Touchpoint die Aufmerksamkeit von potentiellen MitarbeiterInnen auf sich ziehen und sie zur Bewerbung animieren. Wenn es nach SoftwareentwicklerInnen geht, sind 0815-Bewerbungen und Standardfloskeln à la „flache Hierarchien“ ein absolutes No-Go.
Diese Kriterien punkten dafür umso mehr:
- Genaue Beschreibung der zukünftigen Tätigkeit: 33,3%
- Realistische und bewältigbare Anforderungen: 20%
- Genaue Beschreibung des Produkts bzw. der Dienstleistung: 16,7%
- Erkennbare Expertise des Arbeitgebers: 12,2%
Ganz allgemein soll der Fokus bei der Stellenanzeige nicht am eigenen Unternehmen und dessen Beschreibung liegen, sondern sich gezielt an die KandidatInnen und deren Bedürfnisse richten. Die Gehaltsangaben sind mit 7,8% im Ranking unbedeutender als Viele annehmen würden.
QUICK-TIPP: Um sich von der Masse abzuheben und dem/der BewerberIn ein Gefühl für das Unternehmen zu vermitteln kann ein Video in der Stellenanzeige eine große Wirkung haben – mutig sein und einfach mal ausprobieren!
2) Die Bedürfnisse der WunschkandidatInnen kennen
Nur wer die Bedürfnisse seiner Angestellten kennt und auch erfüllt, hat gute Chancen auf eine langfristige Mitarbeiterbindung und motivierte Newcomer.
SoftwareentwicklerInnen wünschen sich vor allem:
- Weiterentwicklungsmöglichkeiten: 24,4%
- Herausforderung: 22,2%
- Sinn: 21,1%
- Selbstständiges Arbeiten: 13,3%
Das früher wichtige Thema Sicherheit ist aufgrund der hohen Nachfrage am Arbeitsmarkt mit nur 2,2% kein Entscheidungskriterium mehr.
QUCIK-TIPP: Das Thema Weiterbildung schon in der Stellenanzeige berücksichtigen und auf Social-Media oder der eigenen Website von den Schulungen und Fortbildungen im Unternehmen berichten.
3) Work-Life-Balance priorisieren
Was SoftwareentwicklerInnen von einem Unternehmen überzeugt:
- Work-Life-Balance
- Unternehmenskultur
- Sinnstiftende Aufgaben
Flexible Arbeitsmodelle, Teilzeitarbeit, Ergebnis- statt Zeitkontrolle, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Unterstützung bei ehrenamtlichen Tätigkeiten können also ein Lockmittel für IT-Fachkräfte sein.
QUICK-TIPP: Befragen sie MitarbeiterInnen zu den oben genannten Punkten! So erfahren Sie mehr über Schwachstellen und Chancen und können gefragte „new ways of work“ etablieren.
4) Erstrebenswerte Benefits bieten
UnternehmerInnen sollten ihre „Zuckerl“ unbedingt an die Bedürfnisse ihrer MitarbeiterInnen anpassen.
Einen besonderen Anreiz sehen SoftwareentwicklerInnen in diesen Dingen:
- Home-Office: 40%
- Flexible Arbeitszeiten: 27,8%
- Fachliche Weiterbildungen: 14,4%
- Teilzeit-Arbeitszeitmodelle: 10%
Eindeutig durchgefallen sind die öffentliche Erreichbarkeit, ein Essenszuschuss und das Firmenauto mit nur je 2,2%.
QUICK-TIPP: Dinge wie die vielzitierte „Obstschale im Büro“, eine „DU-Kultur“ oder ein Firmenlaptop sind keine maßgeblichen Benefits und wirken auf BewerberInnen oftmals eher einfallslos und verzweifelt – also lieber die Finger davon lassen!
5) K.O.-Kriterien kennen und vermeiden
Große Einigkeit herrscht darüber, mit welchen Kriterien sich Arbeitgeber selbst ins Aus schießen:
- Kein Home-Office.
- All-In-Vertrag.
- Fixe Arbeitszeiten.
- Unrealistische Anforderungen im Jobinserat.
- Minimum Gehaltsausgabe laut Kollektivvertrag (ohne Details zur Überbezahlung)
Ein Blick in die Zukunft
Da die Pandemie den Digitalisierungsboom auch in klassischen Industrie-, Gewerbe- und Handwerksbetrieben vorangetrieben hat und neue Technologien stetig im Vormarsch sind, wird sich die Lage am Arbeitsmarkt weiter zuspitzen. Um Wachstums- und Veränderungspotentiale optimal zu nutzen, werden IT-Fachkräfte in Zukunft unverzichtbare Businessbegleiter sein, die einen maßgeblichen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens leisten können.
Da sich das Problem dauerhaft nicht durch Recruiting lösen lässt, wird es in Zukunft auch politische Beschlüsse und frühe digitale Bildung als vierte Grundfertigkeit neben Lesen, Schreiben und Rechnen brauchen.
Die Fachgruppe Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT der WKO OÖ setzt sich seit vielen Jahren für die Optimierung berufsrelevanter Rahmenbedingungen und die Unterstützung seiner Fachgruppenmitglieder ein.